Frankreich: Fessenheim-Betreiber nach Störfallserie in der Kritik

26.03.2015 | Jan Becker

Nach einem weiteren Zwischenfall im AKW Fessenheim bemängelt die französische Atomaufsicht das Krisenmanagement des Betreibers EDF. Ein instandgesetztes Kühlwasserrohr war nach wenigen Minuten erneut gebrochen.

Verschiedene Medien berichteten von haarsträubenden Ereignissen im ältesten Atomkraftwerk Frankreichs: Am 28. Februar sei vom Betreiber EDF ein Riss an einem Wasserrohr gemeldet worden. Schließlich kam es zu einem Wasserrohrbruch im nichtnuklearen Teil des AKW, bei dem über 100 Kubikmeter Wasser austraten. Weil der Durchfluss nicht gestoppt werden konnte, kam es zur Notabschaltung: Das Kühlmittel floss auch in elektrische Einrichtungen, woraufhin 40 Minuten nach Entdeckung des Lecks im Maschinenraum Alarm ausgelöst wurde.

Der Betreiber meldete der Atomaufsichtsbehörde ASN, dass der betroffene Block 1 erst nach mehreren Wochen wieder hochgefahren werden könne. Dennoch nahm EDF das Kraftwerk am 5. März wieder in Betrieb. Die Ursache für den Rohrbruch konnte bis dahin nicht ermittelt werden. In Gegenwart von ASN-Inspekteuren brach dann nach nur drei Minuten Betrieb einen Meter vor der reparierten Stelle das Wasserrohr erneut. Im Maschinenraum wurde Evakuierungsalarm ausgelöst, die Arbeiter glaubten aber an einen Sirenentest und verliessen nur teilweise das Gebäude.

Anti-Atomorganisationen aus dem Elsass sprechen in einem offenen Brief an Thierry Rosso, dem Direktor des AKW Fessenheim, von einem „Versagen auf ganzer Linie“. Neben diesem offenbar schlampigen Umgang mit dem Wasserrohrbruch war der Überwachungskommission des Kraftwerks nur unvollständig über die Zwischenfälle berichtet worden.

„Ihre Entscheidung, den Betrieb des Kraftwerks wichtiger einzustufen als die Sicherheit führt dazu, dass wir keinerlei Vertrauen mehr in die Fähigkeiten von EDF haben, dieses alte Atomkraftwerk korrekt zu betreiben“, schreiben die AktivistInnen und fordern den Rücktritt des AKW-Direktors.

Auch die Aufsichtsbehörde tadelt den Betreiber und spricht von „Mängeln beim Umgang mit Zwischenfällen“. EDF habe den Vorfall „heruntergespielt“. Eine notwendige Neuberwertung des Vorfalls sieht die Behörde allerdings nicht, es bleibt bei „INES 0 – Ereignis ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung“.

Frankreichs Präsident Hollande hatte versprochen, die beiden Fessenheim-Blöcke Ende 2016 stillzulegen. Kürzlich bestätigte seine Umweltministerin dieses Vorhaben. Der französische Ex-Staatspräsident Sarkozy kündigte hingegen an, im Falle seines Wahlsieges 2017, Fessenheim vor der Abschaltung bewahren zu wollen… Protest bleibt also bis zum letzten Tag nötig.

weiterlesen:

  • Französische Umweltministerin: Fessenheim geht „ab 2017“ vom Netz
    3. März 2015 — Am vergangenen Wochenende machte das älteste Atomkraftwerk Frankreichs, das sich direkt an der deutschen Grenze befindet, erneut Schlagzeilen. Nachdem die Regierung sich über Monate nicht mehr auf eine versprochene Stilllegung festlegen wollte nun die Ankündigung, der Schrottmeiler solle „ab 2017“ vom Netz gehen.
  • Leck im französischen AKW Fessenheim
    2. März 2015 — Das Atomkraftwerk Fessenheim ist das älteste im Land und auch das umstrittenste. Staatschef Hollande hatte im Wahlkampf die endgültige Abschaltung im kommenden Jahr versprochen, doch seine Regierung rudert zurück. Aktuell steht das Kraftwerk wegen eines Lecks wieder still.

Quellen (Auszug): swr.de, basellandschaftlichezeitung.ch, badische-zeitung.de; 20./21.3.2015

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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