Zu dem beantragten Abriss von Block 1 des baden-württembergischen Atomkraftwerks Philippsburg muss vor der Genehmigung durch die Behörden eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Bis zum 12. April besteht die Möglichkeit, Einwendungen gegen die Pläne zu erheben.
Der vom Betreiber EnBW und dem baden-württembergischen Umweltministerium geplante Abriss soll nach derzeitiger Planung zuerst mit dem Bau von neuen Atomanlagen und einem neuen Atommüll-Lager auf dem Gelände des AKW beginnen. Unter anderem will die EnBW den Betrieb eines „Reststoffbearbeitungszentrums (RBZ)“, die Errichtung einer Wasserverdampfungsanlage und ein zusätzliches Standortabfall-Zwischenlager (SAL) für radioaktiven Müll genehmigt bekommen. AtomkraftgegnerInnen warnen vor einer Verharmlosung: Bei dem „Reststoffbearbeitungszentrum“ handele es sich um eine Dekontaminationsanlage, die viel Radioaktivität in die Luft und das Wasser freisetzen wird.
Außerdem favorisieren Betreiber und Behörde aus Kostengründen den „raschen Abriss“. Sie behaupten, er sei „gefahrlos möglich“. Atomkraftgegner sehen jedoch die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und den Schutz der Umwelt bedroht. Denn im Zusammenhang mit dem Rückbau sollen große Mengen Material „freigemessen“, also in den Materialkreislauf zurückgeführt werden. AtomkraftgegnerInnen sehen darin eine „langfristige radioaktive Gefährdung für Mensch und Umwelt“. Sie schlagen stattdessen einen „sicheren Einschluss“ des Reaktors vor, bei dem die Radioaktivitätsabgabe über die Luft und das Wasser um das 1.000- bis 10.000fache geringer ausfallen würde. Nach einem hermetischen Abriegeln für mehrere Jahrzehnte klingen viele der radioaktiven Stoffe ab und müssten nicht durch mechanische oder chemische Verfahren dekontaminiert werden. Ein schneller „Rückbau“ des Blocks Philippsburg-1 bedeute eine zusätzliche erhebliche Abgabe von Radioaktivität in die Umgebung, in den Rhein, über den Kamin in die Luft und auf Deponien.
„Umweltminister Untersteller leugnet die radioaktiven Gefahren durch die bisherige Abrisspraxis und das damit offiziell mögliche unkontrollierte Verteilen und Weiterverwenden von Atommüll“, kritisieren die Initiatoren einer Mustereinwendung: „Wir lehnen die bisherige Abriss- und Genehmigungspraxis des Freimessens von radioaktivem Müll als unverantwortliches Vorgehen ab. Wir fordern dazu auf, durch jetzige Einwendungen ein politisches Zeichen zu setzen.“
Bis zum 12. April können mit Hilfe einer Mustereinwendung (hier als pdf herunterladen) Unterschriften gegen die Rückbaupläne gesammelt werden. Die Listen müssen rechtzeitig an den BUND Mittlerer Oberrhein gesendet werden.
- AKW Neckarwestheim-1: Proteste gegen unzureichende Rückbaupläne
14. Februar 2015 — „Kein Atommüll in Kochtöpfe und Gehwege – Einwendungen jetzt!“: Mit einer Aktion forderten gestern AtomkraftgegnernInnen in Stuttgart Engagement gegen die unzureichenden Rückbaupläne des Atomkraftwerks Neckarwestheim-1. Zur Zeit kann jedeR BürgerIn eine Einwendung gegen das Projekt unterzeichnen und größere Sicherheit fordern.
- Studie zum Freimessen von radioaktivem Müll
22. Juli 2014 — Die im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erstellte “Stellungnahme zu Defiziten der Regelung von Freigaben radioaktiver Stoffe in der Bundesrepublik Deutschland” beleuchtet das verdrängte Problem beim Rückbau von Atomkraftwerken.
- Julia Schumacher: AKW-Schutt auf Hausmülldeponien
Wie per „Freimessung“ aus Atommüll einfach Hausmüll wird und warum trotzdem kaum noch eine Deponie dafür zu finden ist.
- “Das Risiko wird tausendfach unterschätzt”
Ulrich Klein, 71, pensionierter Diplom-Ingenieur, kämpft mit der Interessengemeinschaft „Keine Deponie am Tharandter Wald“ gegen Strahlen-Schutt und laxe Freigabegrenzwerte
Quelle (Auszug): BUND Mittlerer Oberrhein, Feb. 2015