Brunsbüttel-Urteil erfordert Neustart der Atompolitik

26.01.2015 | Matthias Weyland

Aufhebung der Zwischenlager-Genehmigung beendet Mythos des Entsorgungsnachweises

Am Ende hatte die Klägerin Anke Dreckmann selbst nicht mehr an eine Entscheidung geglaubt, sondern gedacht dass die Gerichte es aussitzen würden, schreibt die Süddeutsche Zeitung in einem sehr lesenswerten Artikel. Doch es kam anders – vor zehn Tagen gaben die Richter der Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig dem Ehepaar Dreckmann auf ganzer Linie recht und zogen einen endgültigen Schlussstrich unter den 11-jährigen Gerichts-Marathon (Beschluss als PDF). Und nicht nur darunter. Der Schlussstrich beendet zugleich den Mythos des „Entsorgungsnachweises“ und belegt das ganze Dilemma der Atomstromproduktion höchstrichterlich. Eine sichere Entsorgung gibt es nicht, und selbst die Zwischenlagerung als Provisorium ist illegal.

Laufende Atomreaktoren abschalten!

.ausgestrahlt reagierte als einer der ersten mit einer Pressemeldung und forderte als Konsequenz, den Betrieb der neun noch laufenden Atomkraftwerke endlich einzustellen. Denn die nun für das Zwischenlager Brunsbüttel festgestellte Unsicherheit gilt der Sache nach auch für die übrigen baugleichen Zwischenlager in Deutschland. Andere Umweltverbände zogen mit ähnlichen Forderungen nach (hier z.B. der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz) und inzwischen wird an zahlreichen Zwischenlager-Standorten heftig über die Konsequenzen diskutiert. So z.B. am bayerischen AKW und Zwischenlager-Standort Gundremmingen: Dort forderte das Forum gemeinsam als Konsequenz ein sichereres Zwischenlager und das Aus fürs AKW.

Atommüllpolitik am Ende

Dass das Urteil auch für Castor-Lagerhallen an den anderen elf Atomstandorten Folgen haben kann, hatte der Rechtsanwalt der KlägerInnen bereits 2013 festgestellt, bevor die Bundesrepublik Deutschland als Beklagte in Revision nach Leipzig gegangen war: „Die Sicherheitsmängel, die es in Brunsbüttel gibt, gibt es auch in den anderen Zwischenlagern – und die müssen aus meiner Sicht ausgeräumt werden“, so Rechtsanwalt Wollenteit. Diese Erkenntnis ist inzwischen auch in der Bundespolitik angekommen: Am vergangenen Freitag forderte der Schleswig-holsteinische Energieminister Robert Habeck im Landtag einen „nationalen Neuanfang” in der Atommüllfrage und zielt dabei auch auf die Endlager-Kommission des deutschen Bundestages. Die Nachwirkungen des Bebens, das das Brunsbüttel-Urteil angerichtet hat, dürften in Zukunft noch spürbar werden. Jetzt müssen Konsequenzen folgen.

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Matthias Weyland

Matthias Weyland, Jahrgang 1979, ist seit 2006 bei .ausgestrahlt dabei. Beim BUND Baden-Württemberg, für den er bis Ende 2012 arbeitete, kämpfte er unter anderem für die Energiewende und gegen den Bau eines weiteren klimaschädlichen Kohlekraftwerks in Mannheim. Seit 2013 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Umweltbundesamt.

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