Die „Atom-Renaissance“ findet nicht statt

05.01.2015 | Jan Becker

Weltweit sind die Atomträume zerstoben, die Katastrophentechnologie verliert eindeutig an Boden. Eine Bilanz für 2014.

Am 29. Dezember 2014 wurde ein weiteres Atomkraftwerk für immer stillgelegt: Vermont Yankee, ein Siedewassereaktor am Westufer des Connecticut Rivers im US-Bundesstaat Vermont. Im Schatten des GAU von Fukushima bekam der Meiler eine Laufzeitverlängerung bis 2032, doch wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit gegenüber anderer Energiequellen schaltete der Betreiber Entergy Nuclear den 42 Jahre alten Reaktor ab.

Nun befinden sich weltweit noch 437 Atomkraftwerke in Betrieb, so die Statistik der Internationalen Atomenergie Agentur IAEA. Der vom Atomkritiker Mycle Schneider initiierte „World Nuclear Industry Status Report“ kommt zu einem anderen Ergebnis: Es seien lediglich noch 390 Meiler weltweit, die den Status „in Betrieb“ tragen dürften. Mit einer Wiederinbetriebnahme zahlreicher japanischer AKW sei nämlich nicht zu rechnen, begründet Schneider seine abweichende Berechnung. Auch wurde im Oktober 2014 bekannt, dass der seit 2005 abgeschaltete Reaktor RAPS-1 in Indien nicht wieder hochgefahren werden soll.

In 2014 in Betrieb genommen wurden drei Reaktoren in China (Fangjiashan-1, Fuqing-1, Ningde-2). In Argentinien startete Atucha-2 im Juni nach einer Bauzeit von 33 Jahren. Das russische AKW Rostov-3 wurde am 3. Dezember erstmals kritisch.

Zusammengefasst verliert die Atomkraft weiter an Boden: Im letzten Jahr wurde nur noch mit dem Bau von drei Atomkraftwerken begonnen, darunter ein kleiner Prototyp. Im Vergleich hatte es 2013 noch 10 neue AKW-Baustellen gegeben. Von einer „Atom-Renaissance“ kann also keine Rede sein, zudem sind die vorhandenen Atomkraftwerke in den meisten Ländern so alt, dass viele bald abgeschaltet werden müssen. Adäquaten Ersatz wird es nicht geben, die Zahl der laufenden AKW wird also „auch ohne neue Atomkatastrophen in den nächsten Jahren schrumpfen“, prognostiziert Raimund Kamm vom „FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V.“. „Die seit Jahren von den Atomkraftanhängern beschworene Wiederauferstehung der Atomkraft hat auch im Jahr 2014 nicht stattgefunden“.

Im Gegenteil ist ein zehnjähriger Tiefstand erreicht. Weltweit sind die Atomträume zerstoben, nur das kommunistische China wird in den kommenden Jahren nennenswerte AKW-Bauten fertig stellen. Immer mehr technische Probleme verzögern und verteuern die AKW-Bauten. Und langsam dämmert es auch immer mehr Bürgern und Politikern, dass über ein halbes Jahrhundert nach Beginn der kommerziellen Nutzung der Atomkraft diese Anlagen noch immer ohne Entsorgung arbeiten…

weiterlesen:

  • Atomstrom weltweit weiterhin rückläufig
    7. Mai 2014 — Der weltweite Anteil von Atomstrom ist bereits seit einigen Jahren rückläufig. Das ergab eine aktuelle Trendanalyse des Atomexperten und Träger des Alternativen Nobelpreises Mycle Schneider.

Quelle (Auszug): FORUM / atommuelllager.de, 04.01.2014

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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