Nach dem Beginn des GAU von Fukushima wurden 2011 sieben Atomkraftwerken in Deutschland die Betriebserlaubnis entzogen. Damit ist ein Wiederanfahren der Meiler nicht mehr möglich. Doch immer wieder sorgen zweifelhafte Aussagen für Unruhe. Aktuell spricht die „Südwest Presse“ von „Kauderwelsch mit Kernkraft“, bereits im November drohte RWE mit einer Wiederinbetriebnahme von Biblis. Woran es mangelt ist Transparenz und Ehrlichkeit gegenüber dem Bürger.
Gleich zu Beginn des Erörterungstermins zu Einwendungen gegen die Rückbaupläne des Biblis-Betreibers RWE sorgte Kraftwerksdirektor Horst Kemmeter mit einer Bemerkung für große Unruhe: Er wollte nicht ausschließen, dass die Reaktorblöcke Biblis A und B irgendwann wieder hochgefahren werden. Man wolle auch mit Blick auf die anhängigen Schadenersatzklagen wegen der vorzeitigen Stilllegung „entsprechend der Rechtslage und der Randbedingungen entscheiden“. Sein Unternehmen habe beim hessischen Umweltministerium den Abriss des AKWs beantragt – doch die Genehmigung des Abrisses „bedeute nicht eine Verpflichtung dazu“.
Doch in diesem Fall kann es nicht ernsthaft um eine Wiederinbetriebnahme der Meiler von Biblis gehen. Der Kraftwerksdirektor missbraucht das Forum, um Druck für die bevorstehenden Prozesse gegen das Land Hessen aufzubauen. Es geht um 235 Millionen Euro allein für die dreimonatige Zwangspause nach Beginn des Fukushima-GAU. Außerdem klagt RWE auch gegen das Bundesgesetz zum Atomausstieg.
Zu einer ähnlichen Sache berichtet heute die „Südwest Presse“ (SWP) unter dem Titel „Kauderwelsch mit Kernkraft“. Das baden-württembergische Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, geleitet vom Grünen Franz Untersteller, hatte in einer gestern veröffentlichten amtlichen Bekanntmachung zugunsten des Betreibers des ebenfalls 2011 stillgelegten Atomkraftwerks Neckarwestheim-1 (GKN I) entschieden: „Der Antragstellerin wird die Fortführung des Betriebs von GKN I (…) gestattet“. Wer nicht einverstanden sei, dürfe „Klage einreichen beim Verwaltungsgerichtshof“. Der gleiche Wortlaut für Block 2 am selben Standort, der noch bis Ende 2022 in Betrieb sein darf.
Doch auch in Neckarwestheim geht es nicht etwa um eine Wiederinbetriebnahme des alten Block 1. Ralf Heiniken, Sprecher des Umweltministers, räumte auf Nachfrage der SWP ein, dass es sich um eine „etwas missverständliche Formulierung“ handle. Die Bekanntmachung stehe im Zusammenhang mit der neuen Organisationsstruktur EnBWs, die sich für den Rückbau des AKW angepasst habe.
Diese zwei Beispiele offenbaren zwei Tatsachen: Es mangelt an Transparenz und an Ehrlichkeit den Bürgern gegenüber. Zwar sei Transparenz „ein Lieblingsschlagwort der baden-württembergischen Landesregierung“, fasst der SWP zusammen, doch das „scheint nicht zu gelten für amtliche Bekanntmachungen“. Im Fall Biblis kritisiert Marjana Schott, Abgeordnete der LINKEN im hessischen Landtag, dass der Betreiber RWE „wieder einmal mit den Ängsten und Interessen der Menschen“ spielt.
Und sei der Atomausstieg handwerklich noch so schlecht gemacht: Es ändert nichts daran, dass es der politische Wille der meisten Menschen in Deutschland ist, aus dieser Risikotechnologie auszusteigen.
- Endlagerkommission: Transparenz-Temperatur unter Null
Hat die Kommission bisher von Sitzung zu Sitzung kleine Fortschritte in Sachen Transparenz gemacht, so gibt es diesmal quasi den Super-GAU in Sachen Information der Öffentlichkeit. Jochen Stay berichtet von der vierten Sitzung der Endlagersuchkommission.
Quellen (Auszug): neues-deutschland.de, swp.de; 14.11./16.12.2014