Auf eine 3 mit elf Nullen ist AKW-Betreiber RWE zur Zeit besonders stolz: Einer der beiden letzten Siedewasserreaktoren Deutschlands hat am 8. Dezember 2014 seit Betriebsbeginn diese Menge an Strom in Kilowattstunden erzeugt. Die Meiler in Gundremmingen gehören zu den unsichersten, die noch laufen dürfen.
Das bayrische Atomkraftwerk Gundremmingen-B habe „am 8. Dezember 2014 seine 300-milliardste Kilowattstunde Strom erzeugt“, berichtet Betreiber RWE. Worauf Dr. Ulrich Hartmann aus dem Vorstand der RWE Power besonders hinweist, sind drei Punkte: Das AKW sei „ein idealer Partner der regenerativen Stromerzeugung“ und es sorge „zusätzlich zur Versorgungssicherheit (…) auch für eine erhebliche Verringerung der CO2-Emissionen“.
Diese Propaganda darf so nicht stehen bleiben.
Erstens blockieren die großen Grundlastkraftwerke und ihre Betreiber den Ausbau der dezentralen erneuerbaren Energie-Anlagen, denn diese beschneiden deren Machtstellung am Markt. Teure Atomkraftwerke rechnen sich nur, wenn sie rund um die Uhr ihren Strom absetzen können. Und als Kombination mit Erneuerbaren Energien eignen sich nur Kraftwerke, die sich schnell und leicht regeln lassen. Denn sie sollen den umweltfreundlichen Strom aus Sonne, Wind und Wasser ja nur ergänzen. Atomkraftwerke aber sind, technisch bedingt, extrem unflexibel. Daher werden Atomkraft und Erneuerbare Energien niemals „ideale Partner“ werden, sondern bleiben immer Gegenspieler: Wer Atomkraftwerke baut, behindert den Ausbau der Erneuerbaren Energien.
Zweitens konnte sich die „Versorgungssicherheit“ der Atomkraftwerke kürzlich erst in der Ukraine beweisen: Als Block 3 des AKW Saporoschje ausfiel, fiel auch der Strom für tausende Menschen aus. In Deutschland stehen die Meiler auch nicht für „Versorgungssicherheit“, wegen Sicherheitsmängeln produzierte etwa das AKW Biblis A im Jahr 2007 keine einzige Kilowattstunde Strom. Biblis B lag parallel 13,5 Monate still. Anfang 2009 stellten beide Meiler ihren Betrieb schon wieder ein – für 13 beziehungsweise neun Monate. Die AKW Krümmel und Brunsbüttel waren bis zu ihrer Stilllegung schon drei Jahre offline. 2007 und 2009 standen zeitweise sieben von 17 Reaktoren reparaturbedingt still. Und im Sommer sind Atomkraftwerke auch nicht zu gebrauchen: Da müssen sie wegen zu warmer Flüsse regelmäßig ihre Leistung drosseln.
Drittens: Die Lüge von den „Klimaschützern“ wurde eigentlich vor Jahren schon entlarvt, denn Atomkraft deckt nur gut zwei Prozent des Weltenergieverbrauchs. Mit solch einer Nischentechnik rettet man das Klima nicht. Und schauen wir auf den Klimawandel, dann reicht bekanntlich der Blick nur auf die eigenen – in diesem Fall – Kraftwerke nicht. Die CO2-Bilanz von Atomstrom kann im Vergleich mit erneuerbaren Energieträgern auch nur mithalten, weil Emissionen von Uranabbau oder Entsorgung vernachlässigt bzw. gar nicht berechnet werden können.
Darüber hinaus kam Greenpeace 2012 in einer Studie zu dem Schluss, dass Gundremmingen-B und -C zu den „besonders unsicheren Reaktoren“ in Europa gehören. Sie seien weder gegen Erdbeben noch Überflutungen hinreichend ausgelegt. Auch das Abklingbecken, das derzeit prall gefüllt mit hochradioaktiven Brennelememnten ist, ist nicht gegen einen ernsten Unfall gesichert. Der Schutz gegen den Absturz eines großen Flugzeuges oder ein gezielten Anschlag ist unzureichend.
Zu Gundremmingen lässt sich dann noch sagen, dass die Blöcke zwar baugleich sind, aber nicht zeitgleich stillgelegt werden sollen (Block B: 2017, Block C: 2021). Die letzten beiden noch in Betrieb befindlichen Siedewasserreaktoren Deutschlands sorgen mit mehr als 20 Prozent Anteil an der Stromproduktion weiter für die Abhängigkeit Bayerns von der Atomkraft. Der Atomausstieg ist in Gundremmingen damit eine politische und keine sicherheitstechnische Entscheidung gewesen. Selbst die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg fordert heute aufgrund von Sicherheitsdefiziten eine vorzeitige Stilllegung des Atomkraftwerks Gundremmingen.
Was fehlt noch? Gundremmingen ist das größte Atommüllzwischenlager Deutschlands. Entsorgungsperspektive ungelöst. Mit jedem Betriebstag entsteht soviel radioaktiver Müll wie ingesamt im havarierten Endlager Asse-2 steckt.
Zusammenfassung: Das Atomkraftwerk entspricht jenem Bautyp, der 2011 in Fukushima explodiert war. Alle anderen Siedewasserreaktoren in Deutschland mussten danach stillgelegt werden. Das AKW Gundremmingen gehört zu den gefährlichsten Atomkraftwerken überhaupt und stellt eine permanente Bedrohung dar.
weiterlesen:
- Die Standortinitiative „FORUM“ hat viele Ereignisse des AKW Gundremmingen und drumherum in ihrer Chronik des Zwischenlagers auf ihrer Homepage festgehalten.
- Brennelemente seit 28 Jahren im Nasslager: AKW Gundremmingen vor Betriebsstopp?
3. Dezember 2014 — Im bayerischen Gundremmingen stehen die letzten Siedewasserreaktoren, die seit dem Beginn der Atomkatastrophe von Fukushima noch in Betrieb sein dürfen. Die Brennelementelagerbecken sind fast voll. Möglicherweise droht deshalb ein Betriebsstopp.
- Bayern auf Atomkurs
2. Dezember 2014 — Horst Seehofer, Ministerpräsident des Landes mit der höchsten Abhängigkeit zur Atomkraft ist weiter auf Crashkurs mit dem Atomausstieg. Bei einem Besuch in China unterzeichnete er kürzlich eine Absichtserklärung für die Zusammenarbeit im Bereich der Öko-Energie als auch der Atomkraft.
Quellen (Auszug): kkw-gundremmingen.de, 100-gute-gruende.de, greenpeace.de; 08.12.2014