Bundesregierung muss Atomabkommen mit Brasilien kündigen

11.11.2014 | Jan Becker

Bis Mitte November kann die Bundesregierung das bilateralen Nuklearabkommen mit Brasilien aufkündigen. AtomkraftgegnerInnen fordern Union und SPD zum schnellen Handeln auf, denn Brasilien will weiter auf die gefährliche Energieform setzen.

„Während in Deutschland der Atomausstieg beschlossen wurde, möchte Brasilien einen dritten Atomreaktor im erdbebengefährdeten Angra bei Rio de Janeiro errichten. Außerdem will das Land den gesamten nuklearen Brennstoffkreislauf beherrschen. Das bedeutet nicht zuletzt, die Fähigkeit zu erlangen, um Atomwaffen herzustellen“, so Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Der in Deutschland beschlossenen Atomausstieg solle „auch international Rechnung“ tragen, deshalb haben die Grünen im Bundestag die Kündigung des Abkommens beantragt. Aktuell plane Brasilien den Kauf von fünf Atom-U-Booten – weshalb das Anliegen dränge: Die große Koalition müsse die Atom-Zusammenarbeit mit Brasilien „jetzt zwingend beenden“, fordern die Grünen.

Die Rolle Deutschlands in Sachen Atomkraft in Brasilien hat eine lange Geschichte: Während in Brasilien die Militärdiktatur herrschte, wurde am 27. Juni 1975 das “Abkommen zwischen der Föderativen Republik Brasilien und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie” unterzeichnet, das am 18. November 1975 mit einer Dauer von 15 Jahren in Kraft trat. Neben der wissenschaftlichen Kooperation sah der Vertrag den Transfer deutscher Atomtechnologie nach Brasilien zum Bau von bis zu acht Atomkraftwerken, einer Wiederaufbereitungsanlage sowie einer Urananreicherungsanlage vor. Das AKW Angra-2 wurde von Siemens / KWU gebaut, die Technologie für Block 3 aus Deutschland geliefert.

  • Alle 5 Jahre verlängert sich der Vertrag automatisch um weitere 5 Jahre, solange keiner der zwei Staaten bei einer Frist von einem Jahr von der Aufkündigung desselben Gebrauch macht. So könnte bis zum 18. November 2014 der Vertrag gekündigt werden, damit er zum Stichtag 18. November 2015 ausläuft.

In einem Aufruf informierten AtomkraftgegnerInnen bereits im November 2013 über die Hintergründe: Dieser Atomvertrag zeichnete zu Beginn der 1980er Jahre für rund ein Drittel der brasilianischen Auslandsschulden verantwortlich und führte zum Bau des Atomkraftwerks Angra 2, das weniger als 2% aller in Brasilien erzeugten Elektrizität produziert, obwohl es 14 Milliarden US-Dollar gekostet hat. Der Atomvertrag vom 27. Juni 1975, als verfluchtes Erbe der Militärdiktatur müsse umgehend offiziell gekündigt werden!

„Es ist nicht hinnehmbar, dass Deutschland für sein eigenes Territorium Sicherheitsregeln festlegt und gleichzeitig diese Art der Energieproduktion in anderen Ländern fördert“, heisst es in dem Aufruf.

Zuletzt hatte es immer wieder Proteste gegen sog. Hermesbürgschaften für den Bau von Angra-3 gegeben. Zehntausende Menschen forderten von der Bundesregierung, diese staatlichen Garantien für Atomprojekte nicht mehr zu gewähren. Mit Erfolg: Im letzten Juni beschloss die Bundesregierung, staatliche Kredite für neue Atomprojekte im Ausland künftig zu verbieten. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) begründet die Entscheidung mit „nicht beherrschbaren Risiken“, die von der Atomkraft ausgehen.

weitere Infos:

Quellen (Auszug): wendland-net.de, contratom.de; 11.11.2014

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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